Gemeinschaftlich Wohnen

Wir sind rund 100 Menschen (70 Erwachsene und mehr als 30 Kinder) und leben seit 2013 gemeinsam in unserem Haus "Wohnprojekt Wien" in der Leopoldstadt. 

Warum sind wir hier? 

Uns verbindet die Vision von einem solidarischem Zusammensein, leistbarem Wohnen, einer ökologischer Lebensweise sowie die Freude am Miteinander. Jede und jeder Bewohner*in hat seine eigene Wohnung, aber über die eigenen vier Wände hinaus gibt es viel Raum, wo wir uns begegnen und austauschen können. 

Organisiert sind wir über den "Verein für nachhaltiges Leben". Der Verein ist Eigentümer des Hauses. Alle Bewohner*innen sind Mitglieder im Verein und mieten ihre Wohnung. Diese rechtliche Konstruktion ermöglicht, dass das Gebäude im Gemeinschaftseigentum gehalten wird und die Bewohner*innen selbst über das Haus bestimmen – von der Miethöhe über die Dekarbonisierung der Energieversorgung bis hin zu den Wandfarben in den Stockwerken.

Alles begann in Alaska 

Die Geschichte unseres Hauses hat ihren Ursprung nicht in Wien, sondern im Hohen Norden der USA. Dorthin verschlug es Heinz Feldmann, der damals als Manager tätig war und ein Sabbatical machte. Mit 20 ihm unbekannten Menschen reiste er in einem umgebauten "Greyhound"-Bus quer durch Nord- und Südamerika und entdeckte dabei eine andere Art des Zusammenlebens. 

Zurück in Wien, wusste Heinz, dass er künftig gemeinschaftlich wohnen will und gründete 2009 mit 12 anderen Menschen den "Verein für nachhaltiges Leben", um ein gemeinschaftliches Wohnprojekt auf die Beine zu stellen. Da es zu dieser Zeit wenig vergleichbare Projekte gab, musste sich die Gruppe sehr viel Wissen selbst erarbeiten – vor allem über Planung, Finanzierung und Organisation. 

Partizipative Planung 

In einen Bauträgerwettbewerb erhielt der Verein im April 2010 den Zuschlag für ein Grundstück am Gelände des ehemaligen Nordbahnhofs in der Wiener Leopoldstadt. Mit dem Grundstück begann sich die Idee zu einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt zu konkretisieren. Die Gruppe nahm weitere Mitglieder auf und engagierte für die Planung des Hauses das Architekturbüro einszueins. Als weitere Projektpartner wurden der Bauträger Schwarzatal und das Projektsteuerungsbüro raum & kommunikation ins Boot geholt. 

Die Planung und der Bau des Hauses dauerten gut vier Jahre. In einem partizipativen Planungsprozess konnten die künftigen Bewohner*innen bei der Gestaltung mitbestimmen. Für die interne Struktur und Entscheidungsfindung wählte das „Wohnprojekt Wien“ die Soziokratie.


Individualität in Gemeinschaft leben 

bedeutet für uns, die persönliche Entfaltung durch Gemeinschaft und eine lebendige Nachbarschaft zu unterstützen. Wir laden die Vielfalt in unsere Gemeinschaft ein und lernen an Konflikten. Unsere Haltung zur Gemeinschaft ist von Interesse, Vertrauen und Verstehen-Wollen geprägt. Wir leben in Achtsamkeit, schauen auf unsere eigenen Werte & Bedürfnisse und respektieren die der anderen. Dabei sind wir offen, das Erleben mit allen Sinnen hereinzuholen.

Eine Keimzelle der Nachhaltigkeit sein

Als Keimzelle der Nachhaltigkeit beziehen wir die Auswirkungen unserer Handlungen so gut wie möglich in unsere Entscheidungen ein. Wir verbinden Genuss und sparsamen Gebrauch von Ressourcen. Bewusster Konsum ist unser Ziel. Dabei ist uns die Balance von Geben und Nehmen wichtig. Wir sind in gutem Austausch mit Projekten und Initiativen, verwirklichen unsere Vision und geben unsere Erfahrungen weiter. Konkret setzen wir uns für die Entwicklung unseres Grätzels ein.

Lebendige Räume erschaffen

Die kommunikative Architektur unseres Hauses erlaubt es uns, Räume lebendig zu gestalten. Die gemeinsamen Räume bieten uns Geborgenheit und Ruhe, vielfältige Begegnungen und Platz für das Ausdrücken unserer Kreativität.

Diese scheinbar gegensätzlichen Pole ergänzen einander und stärken uns auf vielen Ebenen. All diese inneren und äußeren Räume bespielen wir lustvoll, gestalten sie immer wieder neu und pflegen sie liebevoll. So füllen wir Räume mit Leben.

Das Gute Leben wagen

Wir schätzen in Dankbarkeit, was wir haben. Wir leben so, dass sich unser Leben sehen lassen kann: verantwortlich, vorausschauend und voller Vertrauen. Wir verstehen es, zu feiern und zu genießen. Die Kunst des guten Lebens liegt für uns in der Mitte: Zwischen Genuss, Verantwortung und Mut, Neues zu probieren


Stundenlange Diskussionen, nächtelanger Streitigkeiten – so stellen sich viele Menschen das Zusammenleben in Wohnprojekten vor. Zugegeben, auch wir reden viel und manchmal streiten wir auch. Fast von Beginn an ist das Wohnprojekt soziokratisch organisiert. Das Prinzip ist einfach: Entscheidungen werden nicht nach dem Mehrheits-, sondern dem "Konsentprinzip" getroffen. Das bedeutet, dass gemeinsam Lösungen gesucht werden, gegen die niemand einen schwerwiegenden Einwand hat und mit denen alle gut leben können. Wesentlich ist, dass bei jeder Entscheidung nicht Mehrheiten sondern Argumente und der Blick auf die gemeinsame Vision ausschlaggebend sind.

Dazu müssen nicht immer alle in jedem Detail derselben Meinung sein. Darüber hinaus werden die vielen unterschiedlichen Aktivitäten im Haus weitgehend autonom von kleineren Arbeitsgruppen geplant und umgesetzt. Wesentlich ist das Vertrauen der gesamten Gruppe in die Weisheit der jeweiligen Arbeitsgruppen, die immer von zwei Personen geleitet werden und allen interessierten Mitglieder zur Mitarbeit offen stehen. 

In einem Leitungskreis koordinieren die Leiter*innen der Arbeitsgruppen Informationen und Aufgaben und bereiten wichtige – vor allem gruppenübergreifende – Entscheidungen vor bzw. stimmen diese ab. 
Nur Entscheidungen, die von großer Wichtigkeit für alle Beteiligten sind, werden in der Großgruppe getroffen. Mehr Informationen über die Soziokratie gibt’s im Soziokratiezentrum Österreich, mit dem das Wohnprojekt von Beginn an sehr verbunden ist.